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ABTEILUNG INTEGRATIVE PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIEArbeitslosigkeit istdurchaus keine SackgasseDie Bedeutung psychischer Belastungen durch ErwerbslosigkeitDas Thema „Arbeit“ in seinen vielfältigen Dimensionen nimmt in Ambulanzen und Tageskliniken einen immer größeren Raum ein. Die Veränderungen, Belastungen und Unsicherheiten in der modernen Arbeits- welt führen viele Menschen in tiefe Le- benskrisen mit den Stufen von körperlich- seelischer Erschöpfung über Burnout bis hin zur schweren Depression.In unserem psychotherapeutischen Be- handlungskonzept wird individuell auf den unterschiedlichen Berufs-/Erwerbsstatus eingegangen. Im Erstgespräch werden die Lebens-, Ausbildungs- und Arbeitssituation sowie auch die finanzielle Lage erfasst.Viele haben unter den Bedingungen der so genannten „neuen Arbeitswelt“ das Gefühl, dass sie einfach nicht mehr mit- kommen, und sehnen sich danach, endlich aus dem „Hamsterrad“ des Arbeitsalltags auszusteigen. Zu schnell wird dabei über- sehen, dass Arbeit die Befriedigung vondrei elementaren psychischen Bedürfnis- sen ermöglicht: das Bedürfnis nach Selbst- wirksamkeit, indem man seine Fähigkei- ten entwickelt und selbst etwas leistet; das Bedürfnis nach positivem Selbstwert- gefühl, indem man Rückmeldung für Leis- tungen und Wertschätzung erfährt; sowie das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, indem man einer Gruppe angehört und so Ge- meinschaftsgefühl und Unterstützung er- fährt (siehe J. Siegrist, Der Wandel der Ar- beitsgesellschaft und psychische Gesund- heit, 2013).Besonders deutlich wird der „Wert der Arbeit“ meist erst dann, wenn man keine mehr hat. Drohende oder bereits eingetre- tene Arbeitslosigkeit kann schnell schwe- re psychische Krisen auslösen. Dabei ist Ar- beitslosigkeit längst in der Mitte der Ge- sellschaft angekommen und stellt kein Randphänomen mehr dar. Alle, auch gut Ausgebildete, können betroffen sein. So-mit führen neben den seelischen Belastun- gen durch Arbeit auch die Erschwernisse durch Arbeitslosigkeit immer mehr Men- schen in psychiatrisch-psychotherapeuti- sche Behandlung. Tageskliniken sind hier- bei auch deshalb ein oft gewähltes Ziel, weil so für das Umfeld die Scham über das Fehlen eines aktuellen Arbeitsplatzes am leichtesten verheimlicht werden kann: Man geht wie immer morgens aus dem Haus und kommt am späteren Nachmittag zu- rück; Verwandte oder Nachbarn merken – leider oft nur vermeintlich – nichts.Arbeitslosigkeit stellt in der Regel einen Frontalangriff auf die Identität bzw. das Selbstwertgefühl dar. Die Reaktionen kön- nen jeweils sehr unterschiedlich sein: Man- che kommen erstaunlich gut zurecht, an- dere mäßig, einige überhaupt nicht. Oft kommt es nach einem initialen Schock zu- nächst noch zu einer Phase mit dem Ge- fühl der Entlastung. Hier wird oft unterKlinikmagazin Nr. 18 201511Foto: © bluedesign / fotolia.com


































































































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