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n Fort- und Weiterbildungszentrum„Die Kunst ist es, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.“Albert EinsteinStark im Gesundheitswesen – kann man Resilienz lernen?Montag früh im Fort- und Weiterbildungs- zentrum (FWZ) Warstein: Marlies P. sucht den Weg zum Raum 306, sie hat sich zur Fortbildung „Resilienz“ angemeldet und wird nun drei Tage mit 16 weiteren Fach- kräften und der Fachreferentin arbeiten. Ausgangspunkt für Marlies P., aber auch für andere aus dem Seminar war die Frage- stellung, mit der sich Experten schon lan- ge beschäftigen: Warum erleben manche Menschen große Belastungen und bleiben dennoch gesund, während andere wieder- um schon bei kleinsten Belastungen zusam- menbrechen?Während der Ausbildung und im Stu- dium haben die Fachkräfte viel über Anto- novskys Forschung zum Thema Gesundheit und sein Salutogenese-Konzept gehört. Seine Frage: Was hält den Menschen auch unter schwierigen Bedingungen eigentlich gesund? Seine Antwort: Widerstandsfähig- keit. Einige kennen auch die Studie von Em- my Werner über die Kinder der Insel Kauai, wo trotz schwieriger Bedingungen ein Drit- tel zu lebenstüchtigen Erwachsenen heran- wuchs.Experten aus dem Bereich der Psychia- trie- und der Burn-out-Forschung haben ebenfalls eine hohe Korrelation zwischenResilienz und psychischer Gesundheit fest- gestellt. Manche bezeichnen die psychische Widerstandskraft auch als „Stehaufmänn- chen-Prinzip“. Wir wissen, dass Menschen mit einer guten psychischen Widerstands- fähigkeit gesund und stark sind. Nicht zu- letzt sagte Timotheus Höttges, Vorstands- vorsitzender der Deutschen Telekom, in ei- nem Interview mit Giovanni di Lorenzo1, er glaube, dass Menschen, die einen Bruch im Leben erfahren und diesen „gesund“ über- standen haben, insgesamtlösen, und die Fähigkeit, soziale Kontakte und Bindungen einzugehen, zu gestalten und zu halten.Auf die Frage, ob man Resilienz lernen kann, antworten Experten unterschiedlich, verweisen auf die Korrelation von Risiko und Schutzfaktoren, auf genetische Veran- lagung, auf die Wechselwirkung von Res- sourcen und Stressoren oder Belastungen. Sicher scheint, dass Resilienz nicht durch das Lesen entsprechender Literatur undbelastbarer sind und über eine gute Problemlösungs- fähigkeit verfügen, die im Arbeitsleben hilfreich sei.Ausgleich zwischen Stressoren und Kraft­ quellen schaffendas Hören von Vorträ- gen erlernbar ist. Fest steht auch, dass in der Herausforderung, in der Bewältigung vonHinter dieser Annahme steckt das Prin- zip, dass Resilienz in der Bewältigung von Krisen, Belastungen und Herausforderun- gen trainiert wird, wie auch die Problemlö- sungsfähigkeit.In den verschiedenen Modellen und Konzepten zur Resilienz sind einzelne Schutzfaktoren beschrieben wie Opti- mismus, Akzeptanz von Veränderungen, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Selbst- steuerungsfähigkeit und Lösungsorientie- rung. Dazu gehören auch die Fähigkeit, Stress und Probleme zu bewältigen und zuschwierigen Situationen, Resilienz trainiert wird, wenn Menschen grundsätzlich Ak- zeptanz für Veränderung haben; einen Sinn erleben können; das Gefühl haben, dass die Situation handhabbar ist.Im Weiteren kann man aber ableiten, dass Menschen, die eigene Stärken, „Res- sourcen“ und auch Schwächen reflektieren können, auch in der Lage sind, hilfreiche Potenziale und Fähigkeiten weiter zu ent- wickeln.Im Fort- und Weiterbildungszentrum Warstein werden daher Fachkräfte ausge- bildet, die zum einen ihren eigenen Poten- zialen und Schutzfaktoren „auf die Schli- che“ kommen, die lernen, achtsamer mit sich umzugehen, um damit die Selbststeu- erungsfähigkeit zu erweitern. Diese Fach- kräfte lernen auch, im Sinne einer Lösungs- orientierung mehr auf die sich bietenden Möglichkeiten zu schauen, als auf Probleme und Defizite. Im nächsten Schritt erweitern sie ihre edukativen Fähigkeiten, um Klienten bei der Resilienzentwicklung zu unterstüt- zen. Oft beginnt das alles mit der Arbeit an einer positiven und somit begünstigenden Einstellung.Wie das konkret aussieht? „ Da schaut man zunächst auf die Situationen, in de-Wenn sich Belastungen und Stressoren nicht verändern lassen, kann das Zufluss- Abfluss-Modell helfen, neue Kraftquel- len zu erschließen.Kraftquellen (erweitern)körperlich geistig seelisch sozialkörperlich geistig seelisch sozial Stressoren (minimieren)Eine Möglichkeit ist, i.S. des bio­psycho­sozialen Modells einen Ausgleich zwischen Kraftquellen und Stressoren zu schaffen.Vergleichen wir das Leben mit einem See, so kann vitales Leben stattfinden, solange Quellen den See mit frischem Wasser speisen. Fließt jedoch mehr Wasser ab als zu, trocknet der See aus, die Lebewesen sterben.Ist unser Leben beeinträchtigt durch vielfältige kleine oder wenige große Stressoren, die auch nicht veränderbar sind (z. B. Arbeit, die von Multitasking und hartem Wettbewerb geprägt ist oder die Pflege eines Angehörigen, etc.), dann bleibt nur der Ausgleich durch zusätzliche Kraftquellen bzw. Verbesse­ rung der vorhandenen Kraftquellen. Dabei ist es unerheblich, ob die Kraft­ quellen zeitlich soviel Raum einnehmen wie die Stressoren, es kommt auf den Effekt bzw. auf die Intensität an.36Klinikmagazin Nr. 19 2016Grafik: © Motz, E., Schmidt, K.-H., (2001), Hamm; modifiziert Schmidt, R., Stich, M., 2003/ Warstein (unveröffentlicht)


































































































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