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Fällen unbefristet bewilligt, sondern meist in regelmäßigen Abständen überprüft. Wer dies bedenkt, kann nachvollziehen, dass dieses äußerst komplexe und ergeb- nisoffene Beurteilungsverfahren bei Men- schen mit einer ohnehin reduzierten Be- lastungsfähigkeit zu erneuten Krisen oder Verunsicherung führen.SozialArbeitEs stellt sich daher die Frage, welche Vor- gehensweisen möglich und nötig sind und wie die Soziale Arbeit im psychiatrischen Krankenhaus bei dieser komplexen Prob- lemstellung sinnvoll vorgehen kann.Zunächst einmal ist es notwendig, die Ursachen für das Rentenbegehren zu klä- ren und diese offen mit dem Patienten zu thematisieren. Bereits die Besprechung von möglichen Konflikten am Arbeitsplatz und die Erarbeitung alternativer Verhaltenswei- sen können das Rentenbegehren vermin- dern. Bei fortbestehenden Einschränkun- gen ist es jedoch dringend erforderlich, weitergehende Hilfen einzubinden und un- ter Berücksichtigung der Gegebenheiten am Arbeitsplatz ein klar strukturiertes Vor- gehen abzustimmen. Auch arbeitsplatzsi- chernde Maßnahmen können sinnvoll sein, etwa die Beantragung der Anerkennung einer Schwerbehinderung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder von re- habilitativen Leistungen der Deutschen Rentenversicherung.Möchte der Patient weiterhin eine Ren- te beantragen, so ist auch hier die Klärung der möglichen Optionen notwendig. Die soziale Arbeit informiert zu den unter- schiedlichen Rentenarten, zu Leistungshö- hen und individuellen Zugangsvorausset- zungen. Auch ist es wichtig, den Einfluss der stationären psychiatrischen Kranken- hausbehandlung klarzustellen, denn ein weit verbreitetes Vorurteil lautet, dass „ka- putt geschrieben“ werden könne. Den we- nigsten Patienten ist klar, dass die Beurtei- lung der Erwerbsfähigkeit Einrichtungen der Deutschen Rentenversicherung oder von ihr beauftragten Gutachtern obliegt. Häufig besteht Unklarheit, für welche Ren- te ein Anspruch besteht. Durch die Ren- tenreform im Jahr 2001, die Einführung der Erwerbsminderungsrente, die neu ein-geführte Mütterrente und die Altersren- te für langjährig Versicherte kommt es im- mer wieder zu Verunsicherungen und dem Gefühl, dass doch irgendein Anspruch auf Leistung bestehen müsse, von dem man nur nichts wisse.Wenn sich ein Patient zur Beantra- gung einer Rente entscheidet und sich schließlich im Antragsverfahren, im Wi- derspruchs- oder Klageverfahren befindet, kann es unter Umständen zum therapeu- tischen Inhalt gehören, die „verbleibende Tagesstruktur“ zu thematisieren. Im Einzel- gespräch oder im Rahmen von Gruppen- angeboten wie dem Coaching sollte mit dem Patienten eine Tages- und Wochen- struktur mit festen Eckpunkten, Rhythmus und Ritualen entwickelt werden. Die Teil- nahme an Sportangeboten, Integrationin Vereinen, ehrenamtliches Engagement, Hinzuverdienst oder Sonstiges kann sinn- stiftend sein.Zusammenfassend ist zu erkennen, dass ein Rentenbegehren nicht das Ende von Behandlung und sozialarbeiterischen In- terventionen bedeutet, sondern ein eige- nes Aufgabengebiet darstellt, das eine in- tensive Anamnese, Beratung und konkre- te Arbeit erfordert. Letzthin kann sich die Unterstützung eines Rentenbegehrens so- wohl sozial fördernd als auch sozial behin- dernd auswirken. In jedem Fall beginnt die Tätigkeit des Sozialarbeiters lange vor dem Rentenantrag und ist mit dessen Stellung noch lange nicht abgeschlossen. Jan-Oliver Wienhues Diplom-Sozialpädagoge / Diplom-SozialarbeiterSozialarbeit nFÜR BERUFLICHE REHABILITATION UND PRODUKTIONHolzstrasse 27 Fax: 0 29 41/88 99 250 info@wfb-lippstadt.de 59556 Lippstadt Tel.: 0 29 41/88 99 0 www.wfb-lippstadt.deEIN MODERNER DIENSTLEISTUNGSBETRIEBKlinikmagazin Nr. 18 201541Foto: © Oliver Neumann / pixelio.de


































































































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