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ABTEILUNG GERONTOPSYCHIATRIEDie Folgen der BelastungAus all dem resultiert ein enorm hohes An- spannungsniveau bei den Pflegenden. Die zu leistende Arbeit treibt die Angehörigen ständig vor sich her. Ruhe für Planung und Erholung sind kaum gegeben.Symptome wie Depressivität, Nervo- sität, Schlafstörungen und Unruhe, Reiz- barkeit sowie körperliche Beschwerden vielfältiger Art treten auf. Insbesondere Gelenkbeschwerden und Kopfschmerzen sind hier zu nennen. Das Immunsystem wird nachweislich geschwächt, eine Mi- schung aus chronischer Erschöpfung mit dennoch hochgehaltenem Aktivitätsni- veau ist die Folge.Erschwerend kommen festgelegte Vor- stellungen von Ordnung, zeitlichen Abläu- fen äußerer Gegebenheiten und anhalten- der Erbringung sozial erwünschter Leistun- gen hinzu. So ist es undenkbar, vielleicht den Rhythmus des Fensterputzens zu stre- cken, die Straße nicht zu kehren oder ei- nen Nachbarn für ein kleines Entgelt um Unterstützung zu bitten. Trotz der hohen Belastung soll alles erfüllt werden wie bis-her. Auch fällt es schwer, Hilfsangebote anzunehmen, soweit sie möglich sind. Hier sind festgelegte Zeitschemata und konkre- te Vorstellungen, wie die Dinge erfolgen müssen, hinderlich.Schuldgefühle verhindern, sich selbst „frei zu geben“ und Auszeiten zu genie- ßen. Das schlechte Gewissen meldet sich, wenn sich die emotionale Beziehung zu dem zu Pflegenden verändert (aus dem fürsorglichen Vater wird der anhängliche, ständig bedürftige „Sohn“).Auch der Blick auf die Außenwelt ver- ändert sich: Es können nur Informationen und Belange wahrgenommen werden, die die eigenen Inhalte betreffen. Dies wird von der Außenwelt als Desinteresse inter- pretiert. Die Sorge wächst, wie lange die Situation durchgehalten werden kann; es entsteht Angst zu versagen und gegebe- ne Versprechungen („du musst nie in ein Heim“) oder abgelegte Gelübde („nie wür- de ich ihn abgeben/abschieben“) nicht ein- halten zu können.Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt, dass – insbesondere wenn der Ehepartner zu pflegen ist – der wichtigste Gesprächs- partner fehlt, der Mensch, mit dem man Freud und Leid bisher geteilt, besprochen und bewältigt hat. Wie traurig ist es, wenn eine freudige Nachricht, wie z. B. die Ge- burt eines Enkelkindes, dem vertrauten Gegenüber noch nicht einmal ein Lächeln entlocken kann, weil er die Zusammenhän- ge einfach nicht mehr versteht?Vor diesem Hintergrund ist es erstaun- lich, wie viele Menschen diese Situati-on lange durchhalten. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Aufgabe als hoch sinnvoll bzw. sinnstiftend erlebt wird. Zu- dem wachsen die pflegenden Angehöri- gen in die Situation hinein, von einem an- fänglichen leichten Unterstützungsbedarf bis zur vollumfänglichen Pflege verläuft ein kontinuierlicher Prozess, in den der Pflegende sich hinein lebt und die wach- sende Belastung nicht gleich in ihrem Ausmaß wahrnimmt.Entsprechend einer Studie mit 6000 be- fragten Menschen (pflegende Angehöri- ge) wünschte sich eine Vielzahl von ihnen Informationen über Zugriff auf Unterstüt- zungsmöglichkeiten, Informationen über die Erkrankungen und Symptome der be- troffenen Angehörigen sowie Freistellung für eigene Lebensaktivitäten.Die Anzeichen der Überlastung durch Pflege sind ernst zu nehmen. Da verschie- denste Menschen durch die Erfüllung die- ser Aufgabe ähnliche Beschwerden ent-Die Pflege Angehöriger ist ein 24-Stunden-Job.wickeln, ist es gestattet, hier von einem Symptomkomplex zu sprechen, der in manchen Kreisen als „Pflegekrankheit“ bezeichnet wird, auch wenn dies keine etablierte Diagnose ist.Mögliche Hilfen:n stützende Psychotherapie, insbesondere zur Bewältigung der Schuldgefühle, der Ängste und der Tendenz, körperliche Beschwerden als Ausdruck der hohen Belastung zu entwickeln.n Informationen zu unterstützenden An- geboten, zu der Erkrankung.n Planung von Kurz-Freizeiten, Urlauben evtl. in Hotels mit Pflegeeinheit, Aufbau externer Hilfen, gesundheitliche Selbst- fürsorge, Akzeptanz der auftretenden Gefühle, Suche nach entsprechenden Gesprächspartnern. Grenzen der Belas- tungsintensität setzen, Alternativen der Versorgung gedanklich zulassen.n Kontakt zu Beratungsstellen, Infogrup- pen, Alzheimer Gesellschaft.Das Angebot ist sehr groß. Einfach „stö- bern“ und wissen: Mit der Problematik steht man (meistens „frau“) nicht alleine da.Helene Unterfenger ChefärztinHilfreiche Internetseiten:n Landesstelle für pflegende Angehörige NRW: www.lpfa-nrw.de/startseiten Bundesgesundheitsministerium: www.bmg.bund.de/pflege und Broschüre „Pflegen zu Hause“ (PDF-Download)n Unfallkasse NRW: www.unfallkasse-nrw.de Projekt „Neuheit für Pflege“n Deutsche Alzheimer-Gesellschaft: www.deutsche-alzheimer.deSenioren Residenz· Stationäre Pflege· Kurzzeitpflege· Wohngruppe für Menschenmit DemenzSenioren-Residenz Möhnesee-VöllinghausenSyringer Straße 17-19 59519 Möhnesee-VöllinghausenTel. 02925 805-0 Fax 02925 805-455 www.seniorenresidenz-moehnesee.de16Klinikmagazin Nr. 18 2015Foto: © Rainer Sturm / pixelio.de