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verlassen wollte. Befremdlich, aber zu- gleich logisch. Hier war es, als er zum ers- ten Mal bemerkte, dass er sie nicht mehr liebte.“Als Zuschauer wird einem mulmig bei dem Gedanken, dass die offensichtlich ah- nungslose Ehefrau in wenigen Sekunden an einem öffentlichen Ort erfahren wird, dass ihr Mann sich von ihr trennen will. Das Restaurant bietet ihr wenige Chancen, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. So wird sie vermutlich geschockt sein, die Nachricht kaum begreifen können und zunächst ab- wehren.und Verhalten entstehen. Das, was zu Be- ginn einer Beziehung besonders anziehend gewirkt hat, kann im Verlauf von Jahrenin das genaue Gegenteil umschlagen. Die besondere Eigenart, wie zum Beispiel ein starkes Bedürfnis nach Nähe, kann im Ver- lauf der Ehe als Klammern gedeutet wer- den.Der Schlüsselsatz der Filmszene verweist auf die zweite Schlussfolgerung: „Durch das Bemühen, sich wie ein verliebterMann zu verhalten, wurde er ein verlieb- ter Mann.“ Die Einstellung, die Motivationeignissen. Aktiviere ich die Verbindung zur Ehefrau oder zum Ehemann erst, wenn die Beziehung auf dem Prüfstand steht, wird schnell deutlich, dass die Liebe kein Selbst- läufer ist, sondern gepflegt werden will wie eine Pflanze, mit Wachsamkeit und Achtsamkeit.Die Zusage und Verbindlichkeit bezieht sich nicht auf ein Ideal oder eine gesell- schaftliche Erwartung, sondern auf die Person des anderen. Der Andere ist anders und macht damit die größere Spannbrei- te des Lebens erfahrbar. Diese Spannbrei- te zu erleben, erfordert es auch, sich am Anderssein zu reiben. Die Stärke des Einen kann die Schwäche des Anderen schützen oder ausnutzen. Die Schwäche des Einen kann es sich mit der Stärke des Anderen bequem machen oder sich daran aufrich- ten. Der Andere ist Ansporn, sich weiterzu- entwickeln. Durch die Auseinandersetzung mit der Andersartigkeit werden die eige- nen Bedürfnisse spürbar und die eigene Persönlichkeit entwickelt.Auch die wahrgenommene Erfüllung eigener Bedürfnisse hat positive Folgen für die Beziehungsqualität und -stabilität und für eigenes Commitment. Dies gilt vor al- lem für die Erfüllung der Bedürfnisse nach Verbundenheit, nach Wertschätzung, nach Solidarität, nach Autonomie und nach Kompetenz. Die Fragen „Was wünscheich mir?“ und „Was stört mich?“ könnenin diesem Zusammenhang prima auf die Sprünge helfen.Jetzt könnte man sich fragen, wieso trotz dieser Anforderungen an Beziehun- gen das Bedürfnis einer großen Mehr- heit nach einer beständigen Ehe besteht? Die Antwort könnte lauten: Es ist deutlich leichter, den Weg des Lebens zu zweit zu gehen als allein und damit der Einsamkeit, die eine zentrale Erfahrung der modernen Gesellschaft darstellt, entgegenzutreten.Geteiltes Leid ist halbes Leid, so der Volksmund. Nur das Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt.1 Rosemarie Welter-Enderlin: Resilienz und Krisenkompetenz. Kommentierte Fallgeschichten, Carl-Auer 2015.2 Coyne et al., 2001.3 Kiecolt-Glaser et. al., 2005.n AnsprechpartnerinChristiane BeelLeiterin der Ehe-, Familien- und Lebens- beratung (EFL) im Erzbistum PaderbornDoch der Film nimmt ei-ne unerwartete Wendung.Nachdem sie Platz genom-men hat, öffnet sie ihreHandtasche und zieht einamtlich aussehendes Schrei-ben heraus. „Als sie wein-te, dachte er zunächst, sie wüsste, dass er sie wegen Ann-Christine, der leidenschaft- lichen Stewardess, die er seit einem Jahr heimlich liebte, verlassen wollte.“ Doch dann berichtet sie von ihrem Arztbesuch und einer lebensbedrohlichen Diagnose.Das verändert die Situation radikal. Blitzschnell verfliegt der Anlass seiner Überlegungen. Der Gedanke „Du musst jetzt der Situation gerecht werden!“ führt in Sekundenbruchteilen zu einer Kehrt- wendung. Er schenkt seiner Frau all die Aufmerksamkeit, die sie immer gefordert hat, und beendet die Beziehung zu Ann- Christine. Selbst die unwichtigsten Dinge bekommen eine besondere Bedeutung, seit er weiß, dass er diese bald zum letzten Mal für sie tun kann. „Durch das Bemü- hen, sich wie ein verliebter Mann zu ver- halten, wurde er ein verliebter Mann.“ So lautet der Schlüsselsatz dieser Sequenz des Films.Aus der kleinen Filmszene lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen. Die ers- te Schlussfolgerung ist, dass Menschen ih- re Wirklichkeit deuten und daraus Gefühlein Bezug auf die eigene Beziehung sind von ho- her Bedeutung für das Gefühlserleben.Der Fachbegriff der Paarforschung (Guy Bo- denmann, Universi-tät Zürich) dazu lau-tet: Commitment. Commitment übersetzt heißt so viel wie Zusage, Verpflichtung, Hingabe und Engagement für die Bezie- hung. Es macht einen Unterschied, ob die Einstellung lautet „Die Ehe ist ein Bund fürs Leben“ oder ob die Beziehung bei Strei- tigkeiten häufig in Frage gestellt wird. Das häufige Infrage stellen kann die Bindung zerbröseln und Ängste auslösen.Die Motivation, das Commitment für die Beziehung, zeigt sich im täglichen Be- mühen. Kleine Aufmerksamkeiten, Inter- esse für die Lebenswelt des Partners, Un- terstützung und Entlastung, gemeinsame Hausarbeit und Erziehung der Kinder, Er- kennen von Bedürfnissen und Wünschen zeigen das Engagement. Dazu zählt die Bereitschaft, die Sicht des anderen ver- stehen zu wollen, großzügig über Fehler hinwegzusehen, sich für Fehlverhalten zu entschuldigen und auch mal einzulenken, selbst, wenn man Recht hat. Ein bisschen rosarote Brille, d. h. eine positive Sicht, ist hilfreicher als der Blick auf die Schatten- seiten. Engagement für die Beziehung be- kommt eine besondere Bedeutung in auf-rüttelnden Lebens- situationen wie der schweren Krankheit eines Partners, bei Untreue, bei Ar- beitslosigkeit, zu verkraftenden fi- nanziellen Einbu- ßen, beim Auszug der Kinder, beim Berufswiederein- stieg und anderen solchermaßen ein- schneidenden Er-und das VerhaltenDas Commitment für die Beziehung zeigt sich im täg lichen Bemühen.Gastbeitrag nFr.-Jos. SchauerteDorfstraße 357392 Schmallenberg Tel. 02975 8773Fax 02975 1374 franz-josef-schauerte @t-online.deMalermeisterAusführung sämtlicher Malerarbeiten Moderne Raumgestaltung Bodenbeläge · Wandbeläge Fertigparkett · GerüstbauKlinikmagazin Nr. 19 201641Der saubere, reelle Weg!